KAISERSTAUTERN
Schulhoff: Flammen
Lohnende Prüfung
Ernst Kreneks <Johnny spielt auf> und Erwin Schulhoffs
(Flammen) in einer Spielzeit: Das Pfalztheater Kaisers-
lautern traut sich was. Eine Stückewahl, die man im
nicht gerade theaterprallen Rheinland-Pfalz eher beim
Mainzer Staatstheater vermuten würde. Und das auf
teils sehr beachtlichem Niveau.
...
Regisseur Urs Häberli erzählt de-
tailreich, ä la <Hoffmanns Erzählungen>: Sein Don Juan
durchlebt im vielfach verwendbaren Bühnenbild von
Thomas Dörfler diverse Phasen und Fantasien, La Morte
ist stets dabei wie die Offenbachsche Muse, drei der
Frauenfiguren verschmelzen in einer Darstellerin.
Die apart in die dichte, spätromantizistische partitur
eingeflochtenen Mozart-Zitate, die sich Schulhoff ge-
gönnt hat, finden sich auch in der Regie wieder, etwa
wenn der Komtur wie ein Standbild aufgefahren wird.
Zu den virtuosen Jazz-lmplementen des Komponisten
schimmern transparente Bühnenvorhänge, dahinter
rauchiges Bar-Ambiente der zwanziger Jahre. Unter-
haltsam und stimmig das Ganze - vor allem dann,
wenn die Szene sich am wenigsten um Eindeutigkeit
bemüht. Zu den lnterludien des ersten und zweiten Ak-
tes werden Ausschnitte aus dem Film <Sorry Guys> der
Videokünstlerin Chantal Michel gezeigt: Eine junge
Frau kämpft in einem Kubus scheinbar gegen die
Schwerkraft - und gibt so. wenn man will, ein treffen-
des Bild ab für die Unausweichlichkeit des Schicksals je-
ner weiblichen Charaktere, die Don Juan mal hilflos,
mal wissentlich verfallen.
Die musikalische Umsetzung legitimiert das Wagnis
Schulhoff schließlich vollends: Was GMD Uwe Sandner
aus dem Orchester des Pfalztheaters herausholt, ist er-
staunlich: Die Musiker halten den Spannungsbogen der
vielen orchestralen Ekstasen aufrecht, geben ein zwei-
stündiges Plädoyer für das musikalisch nicht minder dif-
fizile Werk. (Flammen) trägt eben auch Zeichen eines
forschenden Opernerstlings, der sich um musikdrama-
turgische Traditionen und Gesetzmäßigkeiten wenig
schert. ...
Claus Ambrosius
Schulhoff: Flammen.
Premiere am 19., besuchte Vorstellung am 22. April 2008.
Musikalische Leitung: Uwe Sandner, lnszenierung: Urs Häberli,
Bühnenbild: Thomas Dörfler Kostüme: Ursula Beutler Choreografie:
Stefano Giannetti. Solisten: Douglas Nasrawi (Don Juan), Anna
Maria Dur (La Morte), Silvia Hablowetz (Frau/Nonne/Donna Anna),
Adelheid Fink (Margarethe), Alexis Wagner (Komtur )u. a.